Serieophilie - „Soap-Kolumne“ 1/2
14/09/20 10:04
„Soap-Kolumne“ ist natürlich eine Allusion zu „soap opera“. Mit „Seife“ hat diese Kolumne ebenso wenig zu tun wie die „soap opera“ selber. Oder ist es doch ganz anders? Tatsächlich waren in den 50er-Jahren in den USA zwischen elf und sechzehn Uhr vier von sechs Fernsehzuschauern weiblich. Aus diesem Grunde waren die hauptsächlichen Werbesponsoren der in dieser Zeitperiode ausgestrahlten Serien Seifenhersteller (Proctor&Gamble, Colgate-Palmolive, Lever Brothers etc.). Der Name „soap opera“ hat sich in der Folge etabliert, obwohl in der Werbung allmählich die Seife durch Putzmittel, Hautpflegeprodukte, Parfums und Make-up-Produkte ersetzt wurde. Diese Serien waren also vorwiegend auf ein weibliches Publikum, konkret Hausfrauen, ausgerichtet.
Doch nun zum eigentlichen Thema: Die Liebe zu Serien wurde uns schon im Kindergartenalter anerzogen. Das Warten auf die nächste Ausgabe von „Mickey Mouse“ oder „Fix und Foxy“ war eine echte Pein. Die Geschichten hörten immer im spannendsten Moment auf. Diese Zäsur kam einer echten psychologischen Folter gleich. Selbst das ersatzlose Streichen des Abendessens wäre weit weniger schlimm gewesen.
Doch nun zum eigentlichen Thema: Die Liebe zu Serien wurde uns schon im Kindergartenalter anerzogen. Das Warten auf die nächste Ausgabe von „Mickey Mouse“ oder „Fix und Foxy“ war eine echte Pein. Die Geschichten hörten immer im spannendsten Moment auf. Diese Zäsur kam einer echten psychologischen Folter gleich. Selbst das ersatzlose Streichen des Abendessens wäre weit weniger schlimm gewesen.
Einer meiner Freunde hatte mehrere hohe Stapel solcher Hefte zu Hause und ich durfte dann jeweils ein paar ältere Ausgaben mit nach Haus nehmen, die ich immer im Verborgenen ansehen musste, denn diese Lektüre war ja offenbar charakterschädlich, aber alte Hefte hatten natürlich längst nicht die Brisanz der aktuellen Ausgaben. Tick, Trick und Track waren bald meine engsten Freunde, die mit Hinterlist und Schlauheit manche Klippe überstanden, aber doch eine Art prüde Pfadfindermentalität ausstrahlten. Donald war eine Mischung aus Gutmensch, frustriertem Alleinerzieher und Baumarktstammkunde. Er war der notorische Pechvogel, der aber – trotz Verschuldung gegenüber Dagobert - aufrichtig sein Leben lebte. Der Zynismus in den Erzählungen war nicht zu übersehen und auch die Schadenfreude nicht, mit welcher dem reichen Dagobert zugesetzt wurde obwohl etwas Neid immer mitspielte. Und in Minni Mouse, die ewige Verlobte, mochte man sich schon fast ein bisschen verlieben. Wenn sie ihren adretten Fuss schräg hinter sich auf die Spitze stellte und über ihrem Kopf lauter rosarote Herzchen flatterten, so wusste man auch als 7-jähriger Knirps was das bedeuten soll. Pluto war wegen seiner Tolpatschigkeit sympathisch. Er hielt allen ein wenig den Spiegel vor. Die Leute von Entenhausen bildeten in der Tat ein imaginäres soziales Netzwerk, aber davon sprach damals noch niemand. Und selbst als wir lesen gelernt hatten, war natürlich die „Lektüre“ eines Comics viel attraktiver als sich durch ein richtiges Buch zu quälen. Die Serieophilie begann aber schon viel früher, nämlich bei den Gutenacht-Geschichten. Lautes Klagen war zu vernehmen, wenn Mama oder Papa Grimm’s Märchenband zuklappen wollten. „Nur noch ein bisschen weitererzählen“ baten wir als Kleinkinder, obwohl man vor lauter Müdigkeit kaum mehr zuhören konnte. Geschichten sind halt wie Drogen. Man kann nie genug davon bekommen und gute Geschichten sollten eigentlich nie enden. Die Gier den weiteren Verlauf der Erzählung zu vernehmen war übermächtig. Die Zeitungen und Zeitschriften haben sich unsere Sucht nach Comics zu eigen gemacht und versuchen so die Leser an das Medium zu binden. Aus den USA ist dann irgendwann die Welle von sogenannten Kult-Comics über den Atlantik geschwappt und hat uns „Garfield“ und „Snoopy“ beschert. Es schien fast an Atheismus zu grenzen, wenn man den gelb getigerten Kater nicht kannte oder seinen neuesten Unfug nicht kommentieren konnte. Das Medium, an dem man trotz Abneigung nicht mehr vorbeikommt – das Fernsehen – hat sich unseren Hang zur Serieophilie komplett zu eigen gemacht. Zunächst hiess der Gassenfeger „Dallas“, gefolgt von „Denver Clan“ über unzählige weitere Soaps bis zu den „Desperate Housewives“, „House of Cards“ oder „Dowton Abbey“. Aber selbstverständlich gibt’s auch deutschsprachige Serien zu Hauf. Allen gemeinsam ist, dass sie Appetit auf mehr, also süchtig machen oder machen sollten. Warum nur sind wir der Serieophilie so verfallen? Jetzt sind Sie ja hoffentlich sehr gespannt zu erfahren was es dazu alles zu sagen gibt. Aber hier ist vorerst Ende. Sehen Sie so macht man das. Da es sich hier um die allererste „Soap-Kolumne“ handelt, spanne ich Sie nun eben logischerweise auf die Folter. Die Fortsetzung von „Serieophilie“, d.h. die Antwort auf die im Raum stehende Frage, folgt erst in der Soap-Kolumne 2/2. Wann? Das wissen die Götter.
Bei Mickey Mouse, Donald Duck und Co. wusste man wenigstens: Am nächsten Mittwoch am Kiosk.
Bei Mickey Mouse, Donald Duck und Co. wusste man wenigstens: Am nächsten Mittwoch am Kiosk.