Nasenstüber

Kolumnen

April 2022

Journalismus gestern

„Unsere Berichterstattung verschlechterte sich während der Reagan-Jahre weiter, und sie hat sich seither nicht gebessert. Wir sind arrogant geworden,“ schreibt Carl Bernstein, einer der beiden Enthüllungsjournalisten des Watergate-Skandals, in seinem neuesten Buch. An die Stelle von Gründlichkeit und Genauigkeit seien Tempo und Quantität getreten. Aber an dieser medialen Vulgarisierung trage das Publikum eine Mitschuld, denn es verlange ja danach.
Als ich zur Schule ging, war die Rubrik «Unglücksfälle und Verbrechen» ein kleiner und vergleichsweise unbedeutender Abschnitt in der Tagespresse. Aber der Journalismus ist korrupt geworden, hat sich aus seiner ehemaligen, wichtigen Verantwortung gegenüber den Lesern gestohlen und einen unstillbaren Hunger nach Konflikten, Emotionen und Skandalen entwickelt. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich offensichtlich nur noch lohnt über Dramen, Katastrophen, Unglücke und Apokalyptisches zu berichten. Dies in der vermeintlichen Meinung, dass sonst die Leser zur Konkurrenz abwandern (wo sie eh nur denselben Stuss lesen).Weiterlesen...