Nasenstüber

Kolumnen

April 2021

Der Scherbenhaufen oder Was von 68 übrigbleibt

„Feuer in Paris, Rauch in den Strassen von Berlin.“ Mit dieser Zeile beginnt das Lied „Summer 68“ von Polo Hofer. Aber diese Aktionen von Chaoten waren bei Weitem nicht die zentrale oder einzige Aktivitätder 68er Bewegung. Natürlich hatten die Krawalle am Limmatquai n Zürich die ganze Schweiz in Atem gehalten, aber wie Wolfgang Kraushaar in seinem Buch „1968“ schreibt, „wurde damals der gesamte Kanon an sozialen Werten auf den Prüfstand gestellt.“ Sozusagen ein Rundumschlag gegen alle Konventionen.
Das Jahr 1968 fiel mit dem Ende meiner Gymnasialzeit zusammen und ergo auch mit dem Ende meiner Pubertät. Auch wir Mittelschüler waren an der Bewegung beteiligt, aber nur am Rande, hatten uns doch die Philosophielehrer mit dem marxistisch-leninistischen Basis-Überbau den Speck der Revolution durch den Mund gezogen. Selbstredend wollten wir teilhaben an der mitteleuropäischen Kultur- und Politrevolution, aber nur gerade so viel, dass es den bequemen Kokon, der ein ungestörtes, feudales Leben erlaubte, nicht störte, geschweige denn zerstörte. Auch ich war natürlich von dem „gigantischen Befreiungsschlag“, der sich offenbar offerierte, begeistert, hatte aber, bedingt durch die Zielrichtung Studium, wie meine Kommilitonen auch, eigentlich keine Zeit für Aufruhr, Rebellion und Strassengewalt.
In der Provinz wo ich aufgewachsen bin, herrschte eine noch weitgehend heile Welt.Weiterlesen...