Nasenstüber

Kolumnen

July 2024

Talkshows oder Wo sind die Salonnières?

Talkshows wollen heutzutage das übernehmen, was früher nur einigen Wenigen der Elite vorbehalten war, nämlich die Teilnahme an gepflegten Gesprächsrunden oder anderen kulturellen Veranstaltungen in den sogenannten Salons. Diese Demokratisierung inspirierter Konversationen wäre eigentlich sehr begrüssenswert.
Ein Salon war eine vom 17. bis ins 19. Jahrhundert verbreitete Form der Geselligkeit. Dabei handelte es sich vorwiegend um literarische Salons. Diese waren ein zumeist privater gesellschaftlicher Treffpunkt für Diskussionen, Gespräche und Lesungen. Daneben gab es auch künstlerische Salons unter anderem mit musikalischen Darbietungen aber auch politische und wissenschaftliche. Vor allem wohlhabende und gebildete Frauen, oft adeliger Herkunft, betätigten sich als Gastgeberinnen und wurden in dieser Eigenschaft Salonnière genannt. Die Gastgeber der bedeutendsten Salons waren nie die Mächtigen. Aber gerade diese Position gestattete ihnen, das zu bieten, was ein Salon bieten musste: ein neutraler Boden für die verschiedensten Hierarchiestufen, Professionen und Temperamente. Die Salonnière war in erster Linie Gastgeberin. Sie wählte die eingeladenen Gäste aus. Wenn nötig, das heisst wenn das Gespräch – das in diesen Salons keine ambitiöse oder gar feurige, geschweige denn auf Provokationen fussende Diskussion war - zu ersticken drohte, setzte sie mit einer feinen, nuancierten Frage oder Bemerkung das Räderwerk der Unterhaltung wieder in Gang. Sie war so etwas wie ein Katalysator, der eine chemische Reaktion in Gang setzt. Weiterlesen...