Nasenstüber

Kolumnen

January 2025

Vorteile, Urteile und Vorurteile

Leseprobe aus "Mit meinem Senf dazu"

(Siehe Rubrik "Bücher")

Nicht nur beim Tennisspiel ist es von Vorteil, wenn man Vorteil hat. Gute Karten hat auch, wer über Evolutionsvorteile verfügt. Die treibende Kraft hinter der Evolution ist der Wettbewerb. Die am besten angepassten Lebewesen überleben, die anderen gehen unter. Nach Charles Darwin bestimmen zwei Grundregeln den Sieger: die Mutation, also die permanente genetische Veränderung und die Selektion, die natürliche Auswahl der fittesten Kreaturen. Der Evolutionstheoretiker Martin Nowak ist allerdings der Überzeugung, dass eine dritte Kraft genauso lenkend eingreift, nämlich die Kooperation. Sie ist für ihn die „Architektin der Kreativität, die immer neue Geschöpfe hervorbrachte.“ Kooperation bedeutet evolutionsmässig gesehen einen riesigen Gewinn. Zwar kann ein einzelnes Individuum durchaus fitter sein als seine Mitkonkurrenten, aber wenn letztere zusammenarbeiten, dann bewältigen sie gemeinsam den Überlebenskampf besser. Wer also kooperiert, kommt weiter als jemand, der sich allein durchkämpft. Kooperation erhöht Effektivität und Schutz für die Gruppe. Auch Langlebigkeit, aufrechter Gang, lange Beine, Singen, Hyperaktivität und Monogamie bedeuten nach der Meinung einiger Theoretiker evolutionsmässig eine Überlegenheit. Einen Vorsprung gegenüber anderen wird auch noch folgenden Evolutionsvorteilen zugeschrieben: Dem Altruismus, der Handhabung des Feuers, der Fähigkeit Emotionen zu erkennen, die Wahrnehmung von Bitterkeit, der Speichel oder ein schlechter Charakter. Männer mit einem schlechten Charakter haben insofern einen Evolutionsvorteil, als fiese Jungs und Draufgänger die meisten und schönsten Frauen kriegen. Dies offenbar weil bei ihnen drei Charaktereigenschaften besonders ausgeprägt sind: eine grössere Selbstverliebtheit, eine grössere Gefühllosigkeit und ein stärkeres Bestreben, andere zu manipulieren und zu beherrschen. Die Entdeckung des Feuers - genauer genommen dessen kontrollierter Gebrauch - ermöglichte den Menschen das Kochen. Die Möglichkeit Nahrung kochen zu können, verlieh dem Homo sapiens einen enormen Evolutionsvorteil, denn die Menschen konnten so eine grössere Bandbreite von Nahrungsmitteln zu sich nehmen, sie sparten Zeit beim Essen – im Gegensatz zu den Schimpansen, die weiterhin stundelang auf ihrer Rohkost herumkauen mussten – und sie kamen mit kleineren Zähnen und kürzeren Därmen aus, was einer gewaltigen Energieeinsparung gleichkam.Weiterlesen...