Nasenstüber

Kolumnen

Vorteile, Urteile und Vorurteile

Leseprobe aus "Mit meinem Senf dazu"

(Siehe Rubrik "Bücher")

Nicht nur beim Tennisspiel ist es von Vorteil, wenn man Vorteil hat. Gute Karten hat auch, wer über Evolutionsvorteile verfügt. Die treibende Kraft hinter der Evolution ist der Wettbewerb. Die am besten angepassten Lebewesen überleben, die anderen gehen unter. Nach Charles Darwin bestimmen zwei Grundregeln den Sieger: die Mutation, also die permanente genetische Veränderung und die Selektion, die natürliche Auswahl der fittesten Kreaturen. Der Evolutionstheoretiker Martin Nowak ist allerdings der Überzeugung, dass eine dritte Kraft genauso lenkend eingreift, nämlich die Kooperation. Sie ist für ihn die „Architektin der Kreativität, die immer neue Geschöpfe hervorbrachte.“ Kooperation bedeutet evolutionsmässig gesehen einen riesigen Gewinn. Zwar kann ein einzelnes Individuum durchaus fitter sein als seine Mitkonkurrenten, aber wenn letztere zusammenarbeiten, dann bewältigen sie gemeinsam den Überlebenskampf besser. Wer also kooperiert, kommt weiter als jemand, der sich allein durchkämpft. Kooperation erhöht Effektivität und Schutz für die Gruppe. Auch Langlebigkeit, aufrechter Gang, lange Beine, Singen, Hyperaktivität und Monogamie bedeuten nach der Meinung einiger Theoretiker evolutionsmässig eine Überlegenheit. Einen Vorsprung gegenüber anderen wird auch noch folgenden Evolutionsvorteilen zugeschrieben: Dem Altruismus, der Handhabung des Feuers, der Fähigkeit Emotionen zu erkennen, die Wahrnehmung von Bitterkeit, der Speichel oder ein schlechter Charakter. Männer mit einem schlechten Charakter haben insofern einen Evolutionsvorteil, als fiese Jungs und Draufgänger die meisten und schönsten Frauen kriegen. Dies offenbar weil bei ihnen drei Charaktereigenschaften besonders ausgeprägt sind: eine grössere Selbstverliebtheit, eine grössere Gefühllosigkeit und ein stärkeres Bestreben, andere zu manipulieren und zu beherrschen. Die Entdeckung des Feuers - genauer genommen dessen kontrollierter Gebrauch - ermöglichte den Menschen das Kochen. Die Möglichkeit Nahrung kochen zu können, verlieh dem Homo sapiens einen enormen Evolutionsvorteil, denn die Menschen konnten so eine grössere Bandbreite von Nahrungsmitteln zu sich nehmen, sie sparten Zeit beim Essen – im Gegensatz zu den Schimpansen, die weiterhin stundelang auf ihrer Rohkost herumkauen mussten – und sie kamen mit kleineren Zähnen und kürzeren Därmen aus, was einer gewaltigen Energieeinsparung gleichkam.
Ich werde den Gedanken nicht ganz los, dass auch Empörung einen Evolutionsvorteil darstellt, denn es scheint doch, dass vor allem diejenigen, die sich ständig und lauthals über alles empören, die Dauerempörten, Oberwasser haben und gewaltig begünstigt werden. Empörung motiviert uns zwar, vernebelt jedoch auch das Denken. Sehnlichst gebe ich der Hoffnung Ausdruck, dass die zur Zeit grassierende subversive „Wokeness“ nicht auch als Evolutionsvorteil entpuppt, sonst werden diejenigen Menschen mit einem gesunden Menschenverstand und die sich mit den geltenden gesellschaftlichen Normen einverstanden erklären, düpiert und haben ganz gewaltig das Nachsehen.
Die «Langen Kerls» waren eine militärische Einheit der preussischen Armee. Der Name entstammt dem Volksmund, da die Soldaten alle über sechs Fuss (etwas mehr als 188 cm) gross sein mussten, was zur damaligen Zeit eine Seltenheit war. Offiziell hiess die altpreussische Einheit Infanterieregiment No. 6. Aufgestellt wurde das Regiment 1675 von Kurfürst Friedrich Wilhelm, dem späteren König in Preussen, angesichts des Einfalls der Schweden in die Mark Brandenburg. Eines Tages wollte der Kurfürst, der deutlich kleiner war als seine Soldaten, einen Gegenstand von einem Gestell herunterholen. Wegen seiner Körpergrösse gelang ihm dies jedoch nicht, worauf ein langer Kerl herantrat und meinte, er könne das Ding schon herunterholen, er sei ja grösser als Majestät. Dieser antwortete: «Nur länger, aber schon mancher ist sich dieses Vorteils verlustig geworden.»
Wer über eine natürliche Bevorteilung, wie zum Beispiel aussergewöhnliche Schönheit verfügt oder grossen Erfolg hat, lebt zur Zeit gefährlich. Sie (oder er) steht im Moment in der sozialen Schusslinie. Denn der penetrante, infiltrative Wokismus zielt auf einen nivellierenden Ausgleich ab, wobei er dem linken Trugschluss unterliegt, dass es für jeden natürlichen Vorteil eine Regulierung gebe. Irgendwelcher Erfolg oder Besitz wird automatisch mit negativen charakterlichen Attributen besetzt. Wer mit einer besonderen Schönheit gesegnet ist, kann nach deren Meinung nicht auch noch intelligent sein und einen tollen Charakter haben. Weltmeister in Sachen Gleichmacherei sind die Franzosen. Logisch, denn sie haben ja schon seit weit mehr als 200 Jahren «Egalité» als Staatsmotto. Unlängst haben sie diese Gleichschaltung ad absurdum geführt, indem sie sogar beschlossen, den Unterricht für Latein und Griechisch in den Gymnasien abzuschaffen, weil das zu einem unzulässigen Elitarismus führe. Thomas Piketty beschreibt in seinem Buch «Eine kurze Geschichte der Gleichheit», wie die Welt immer egalitärer wurde: durch die Einführung progressiver Steuersysteme, ein allgemeines Wahlrecht und Gleichheit vor dem Recht (auch für Frauen), durch parlamentarische Demokratien, kostenlose Schulbildung, allgemeine Krankenversicherung, Pressefreiheit, internationales Recht und Institutionen. Man sollte eigentlich intuitiv verstehen, wie wichtig die Solidarität innerhalb von Staaten ist und die Solidarität unter den Menschen, die darin leben. Und was ist mit Karl Marx’ klassenloser Gesellschaft ? Blieb eine Utopie.
Eines der bekanntesten Urteile dürfte das «Urteil des Paris» sein. Aber um was ging es da schon wieder? Also, das «Urteil des Paris» entstammt der griechischen Mythologie und gehört zu den Wegbereitern des Trojanischen Krieges, ja es war geradezu dessen Auslöser. Dabei ging es um die Entscheidung des trojanischen Königssohns Paris, wer von den Göttinnen Hera, Aphrodite und Athene die Schönste sei. Der Inhalt der Mär ist Folgender: Anlässlich der Hochzeit von Peleus und Thetis waren alle Götter des Olymps geladen bis auf Eris, die Göttin der Zwietracht, denn Zwietracht hat auf einer Hochzeit nun gar nichts verloren. Eris, die verständlicherweise erzürnt war, trachtete danach, sich damit zu rächen, was sie am besten konnte, nämlich eben Zwietracht zu säen. So warf sie einen goldenen Apfel mit der Aufschrift „Für die Schönste“ zwischen die göttlichen Hochzeitsgäste. Daraufhin entbrannte ein heftiger Streit zwischen Aphrodite, Athena und Hera darüber, wem denn der goldene Apfel zustehe (daher auch der Begriff «Zankapfel»).
Warum beispielsweise nicht auch Artemis, Persephone oder Eos in die Endausscheidung kamen, ist nicht bekannt. Am Ende waren es jedenfalls die Herrschergattin Hera, des Göttervaters Zeus‘ Kopfgeburt Athene sowie die liebliche Aphrodite, die als Kandidatinnen um die Gunst und Auszeichnung des zwieträchtigen Apfels buhlten. Soweit ich die mir zugänglichen Quellen überblicke, handelt es sich beim Mythos «Das Urteil des Paris» um die erste Reportage über eine Miss-Wahl. Die nächste fand erstaunlicherweise erst 1920 statt, als die Franzosen erstmals "La plus belle femme de France" erkoren. Bereits ein Jahr später wurde in Amerika eine „Miss America“ gewählt. Ab dato gab es nur noch Missen. Auch in Frankreich heisst «La plus belle femme du pays» auch schon seit Jahren «Miss France». Eigentlich wäre der Entscheid ja Zeus, dem Tafelmajor, zugefallen. Aber da es sich bei den Bewerberinnen – den drei göttlichen Schönheiten – ja um seine Gattin, Tochter und Adoptivtochter handelte, wollte er sich wohl nicht in die Nesseln setzen und sich keine der drei zum Feind machen. Also schlüpfte Zeus in seine bekannte Rolle als göttlicher Drückeberger und überliess die Wahl einem Repräsentanten unseres Geschlechts, einem Menschen. Paris, Sohn des Priamos und der Hekabe, Prinz Trojas, in der Kriegskunst nicht sonderlich bewandert, umso mehr jedoch in jener der Schönheit, sollte das Urteil fällen, zwischen den drei Göttinnen wählen. Paris erkor Aphrodite, welche ihm die schöne Helena als Dank für die Kür versprochen hatte. Hera, welche ihm Weltherrschaft und Athene, die ihm Weisheit versprach schlug er seinen Prioritäten gemäss aus. Damit den Verwirrungen der Mythologie genüge getan wird, bleibt anzufügen, dass Helena ja bereits mit Menelaos, dem König von Sparta, verheiratet ist, weshalb Paris sie nach Troja entführt. Somit ist die Bühne bereit für den zehn Jahre andauernden Trojanischen Krieg zwischen Griechen und Trojanern, der schließlich nicht durch Kampf, sondern durch eine List des Odysseus, nämlich dem „Trojanischen Pferd“, zugunsten der Griechen entschieden wird. Paris stürzte sich mit seiner Entscheidung in Helenas Arme und Troja gleichzeitig in den Untergang. Das Schöne an einem Urteil ist ja, dass es aufräumt mit dem Konjunktiv, mit jedem «wenn und aber» und stattdessen eine Meinung in Kraft setzt, wie wohl diese auch begründet sein mag. Jedes Werk ist eben ein Urteil über die Welt. Die sagenhafte Geschichte des Paris-Urteils taucht erstmal in der Ilias von Homer auf. In der Malerei findet sich unter anderem ein bekanntes Bild von Lucas Cranach d. Ä. mit diesem Sujet, das in der Staatlichen Kunsthalle in Karlsruhe zu sehen ist. Die wohl berühmtesten Darstellungen stammen jedoch von Peter Paul Rubens. Eines seiner Ölgemälde mit diesem Thema ist im Madrider Museo del Prado ausgestellt und ein weiteres in der Washingtoner National Gallery of Art. In der Barockmalerei war «Das Urteil des Paris» ein beliebtes Motiv, bot es doch Gelegenheit, drei unbekleidete Frauen in unterschiedlicher Pose abzubilden. Geläufig ist auch das geflügelte Wort «ein salomonisches Urteil». Dahinter steckt eine biblische Geschichte. Allerdings sind Salomos Lebensdaten unbekannt und die vierzigjährige Regentschaft ist eine symbolische Grösse. Die Erzählungen aus der Regierungszeit Salomos spielen in der Mitte des 10. Jahrhunderts vor Christus. Der Mythos zum Urteil handelt davon, wie zwei Dirnen vor König Salomon traten, von denen die eine erklärte, sie beide wohnten im gleichen Haus und hätten innerhalb dreier Tage beide einen Sohn geboren. Die andere habe jedoch ihren Sohn im Schlaf erdrückt, sich dann heimlich ihr Kind geholt und das tote Kind zu ihr ins Bett gelegt. Die zweite Dirne jedoch behauptete, das lebende Kind sei ihres. Der König befahl, ein Schwert zu holen und erklärte, das Kind solle entzweigeschnitten werden und jede solle eine Hälfte bekommen. Die tatsächliche Mutter des Kindes sagte, Salomo solle es der anderen geben und es nicht töten. Jene dagegen erklärte, es solle weder ihr noch der anderen gehören, sondern zerteilt werden. Daraufhin befahl der König das Kind der Mutter zu geben, die er daran erkannte, dass sie ihr Kind lieber lebend bei einer anderen Frau als tot sehen wollte. Bei einem salomonischen Urteil handelt es sich also um ein weises, gerechtes und vor allem auch lebenskluges Urteil, denn Salomo wusste, wie eine „richtige“ Mutter reagieren würde. Um ein salomonisches Urteil zu fällen, müssen Richter oder andere Personen, die zwischen zwei streitenden Parteien schlichten, nicht zwingend mit solchen Tricks arbeiten wie Salomo. Es reicht, wenn das Urteil klug und ausgewogen ist. Das bedeutet auch, dass es keineswegs für eine Seite Partei nehmen muss, wie es bei Salomo der Fall war. Es kann, wenn es denn weise erscheint, auch beide Seiten zufriedenstellen. Der Spruch vom salomonischen Urteil zeigt wieder einmal, wie viele unserer Redewendungen auf die Bibel oder andere bedeutende schriftliche Werke zurückgehen. Ebenfalls sehr bekannt ist der Titel einer etwas skurrile Novelle von Franz Kafka: «Das Urteil». Die Geschichte beschreibt, wie sich der Protagonist Georg nach einem Disput mit seinem Vater, den dieser mit den Worten: «Ich verurteile dich jetzt zum Tode des Ertrinkens!» beendet, in den nahen Fluss stürzt.
Ein Stereotyp ist ein stark vereinfachtes Bild einer bestimmten Personengruppe. Unter Vorurteilen versteht man auf Stereotypen basierende Gefühle bezüglich einer Personengruppe, denn Vorurteile sind immer Verallgemeinerungen. Vorurteile vereinfachen die Welt und sind bequemer, als die Bemühungen die Welt komplett verstehen zu wollen. Sie werden zum Problem, wenn wir uns deren Auswirkungen auf unser eigenes Handeln oder auf andere Menschen nicht bewusst sind. Unser Gehirn legt verallgemeinerte Wissenseinträge an, um im Alltag schnell Informationen über andere zu verarbeiten. Dafür nehmen wir in Kauf, dass wir nicht jede unserer Einschätzungen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen können. Zu jedem beliebigen Zeitpunkt empfängt das menschliche Gehirn etwa 11 Millionen Informationen. Bewusst verdaut werden davon aber lediglich zwischen 40 und 50 Millionen. Zum Glück kann unser Gehirn auswählen, welche Informationen bewusst oder unbewusst verarbeitet werden sollen. Die Menschen denken vielleicht, dass sie Entscheidungen auf der Grundlage einiger weniger Informationen treffen, aber in Wirklichkeit tun sie dies nicht nur auf der Grundlage von Informationen, derer sie sich bewusst sind. Tausende weiterer Informationen beeinflussen ihre Entscheidungen unbewusst, wodurch Gedankenverbindungen entstehen, die instinktiven Mustern und Überlebensstrategien folgen, die sich über Millionen von Jahren entwickelt haben. Dadurch können wir Vertrauen in Personen entwickeln, die uns in bestimmten Situationen schützen, aber es können sich auch Stereotypen und somit Vorurteilen bilden. Vorurteile zu haben bringt in der Regel persönliche Nachteile mit sich, denn Vorurteile beeinflussen, wie man die Welt sieht und wie man sich anderen Menschen gegenüber verhält. Allerdings können damit aber eben auch Chancen und tolle Begegnungen verwehrt bleiben. „Wie Kinder mit unseren Vorurteilen aufräumen“, lautete der Titel eines Artikels in einer Schweizer Tageszeitung. Ignoranz und Vorurteile seien in unserer Leistungsgesellschaft allgegenwärtig, weshalb wir uns die Unvoreingenommenheit unserer Kinder zum Vorbild nehmen sollten, findet die Journalistin. Ich stimme ihr gerne vehementestens zu, denn Kinder sind uns mit ihrem unvoreingenommenen Geist um Lichtjahre voraus. Mir war bislang gar nicht so bewusst, dass es auch positive Vorurteile gibt. Jeder Mensch hegt Vorurteile, sowohl negative als auch positive. Viele dieser Vorurteile sind uns bewusst, aber viele bleiben auch unbewusst und lenken unsere Gedanken, Entscheidungen und Handlungen, ohne dass wir es bemerken. Positive Vorurteile umfassen positive Charaktereigenschaften oder Fähigkeiten, die einer Gruppe von Menschen zugeschrieben werden. Um ein Beispiel zu nennen: Südländer sind besonders leidenschaftlich, haben ein gutes Rhythmusgefühl und können gut tanzen. Sie gelten allgemein als sinnlicher und die besseren Liebhaber. Auch werden ihnen romantische Eigenschaften zuerkannt. Ein durchwegs positives Vorurteil. Eines der Beispiele für positive Vorurteile von Nationen ist, dass alle Deutschen pünktlich sind. Neben Pünktlichkeit werden ihnen auch noch Disziplin und Fleiss attestiert. Brillenträger gelten beispielsweise als intelligenter. Obwohl die negativen Auswirkungen von Vorurteilen klar auf der Hand liegen, sind sie schwer abzubauen. Albert Einstein sagte: „Es ist leichter ein Atom zu spalten, als ein Vorurteil“. Neben dem kognitiven Mechanismus der Kategorisierung gibt es noch weitere Gründe für diese Hartnäckigkeit: Menschen gestehen sich nicht gerne ein, Vorurteile zu haben. Das liegt daran, dass Vorurteile zu haben einen schlechten Ruf hat. Zudem wollen wir nicht akzeptieren, dass wir unsere Welt nicht korrekt beurteilen. Im Alltag sprechen wir von Vorurteilen, wenn es um Benachteiligung geht. Daher ist es verständlich, dass Menschen den Wunsch hegen, sich von ihnen zu befreien. Doch im Gegensatz zu der landläufigen vorherrschenden Meinung, sind sie jedoch in den meisten Situationen ein riesiger Vorteil. Hätten wir keine Vorurteile, dann hätte eine fundamentale Fähigkeit unseres Gehirns versagt: die des Kategorisierens. Vorurteilsfreiheit würde bedeuten, unser Gedächtnis nicht zu benutzen. Man stelle sich vor, man müsste gegenüber jeder Person, mit der man zu tun hat, erst alles neu herausfinden, bevor Sie eine Handlungsentscheidung treffen können. Dafür haben wir selten Zeit oder Lust. Ein Vorurteil hilft dabei, diese Prozesse gewinnbringend abzukürzen. Man kann sich zum Beispiel fragen, warum wir vorurteilsbelastete Kategorien wie die der Ethnie nicht einfach ausblenden? Das scheint schwierig zu sein, denn wenn man sich vornimmt, nicht darauf zu achten, welchen Kategorien eine vor Ihnen stehende Person angehört, so befiehlt man seinem Gehirn quasi gerade das Gegenteil zu tun. Sagt man Ihnen: «Denken Sie nicht an einen rosa Elefanten,“ so muss Ihr Gehirn erst einmal den rosa Elefanten abrufen, um diesen Befehl ausführen zu können. Zudem besteht auch die Gefahr, dass solche Vorsätze uns dazu verleiten, anzunehmen, wir hätten keine Vorurteile. Wenn wir die betreffenden Personen nicht mögen, meinen wir dann, das läge an denen. Stolz und Vorurteil (Originaltitel: Pride and Prejudice) ist der bekannteste Roman der britischen Schriftstellerin Jane Austen. Der Roman beschreibt das Leben junger Leute auf dem Land in der Nähe Londons an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Im innersten Kreis dieser wohlhabenden Familien steht die Familie Bennet mit ihren fünf Töchtern im Alter zwischen fünfzehn und Anfang zwanzig. Hauptthema ist die schliesslich erfolgreiche Verheiratung dreier dieser jungen Frauen, die bei der Wahl ihrer Ehepartner jede für sich eine individuelle Balance von Liebe, ökonomischer Sicherheit und Standeszugehörigkeit finden. Dieser Start in ein selbständiges Leben ist durch Stolz und Vorurteil geprägt.
«Ein Urteil lässt sich widerlegen, aber niemals ein Vorurteil», meinte Marie von Ebner-Eschenbach. Und seien Sie versichert: Argumente nützen gegen Vorurteile so wenig wie Schokoladenplätzchen gegen Stuhlverstopfung.