Nasenstüber

Kolumnen

Der Kampf um die Aufmerksamkeit

Um Aufmerksamkeit zu bekommen, ist zorniges Anprangern das Mittel par excellence. Mit Ellbogen, Haken und Ösen wird in fast allen Sparten um die Aufmerksamkeit des Publikums, der Leser, der Zuhörer, der Wähler, kurz der Marktteilnehmer, gekämpft. Vor allem aber ist es ein Gefecht um das Interesse der potentiellen Konsumenten auf sich zu lenken. Es gibt ja bekanntermassen neuerdings keine Bürger mehr sondern nur noch Parteigenossen, Steuerzahler und Konsumenten. Lautstark, bunt, grell, gigantisch sind die Attribute dieses Kampfes mit dem Ziel aus der Masse herauszustechen. Es geht darum um jeden Preis aufzufallen.

Um Aufmerksamkeit zu bekommen, ist zorniges Anprangern das Mittel par excellence. Mit Ellbogen, Haken und Ösen wird in fast allen Sparten um die Aufmerksamkeit des Publikums, der Leser, der Zuhörer, der Wähler, kurz der Marktteilnehmer, gekämpft. Vor allem aber ist es ein Gefecht um das Interesse der potentiellen Konsumenten auf sich zu lenken. Es gibt ja bekanntermassen neuerdings keine Bürger mehr sondern nur noch Parteigenossen, Steuerzahler und Konsumenten. Lautstark, bunt, grell, gigantisch sind die Attribute dieses Kampfes mit dem Ziel aus der Masse herauszustechen. Es geht darum um jeden Preis aufzufallen. Dafür ist nichts exotisch, erratisch, entrückt, schräg oder provokant genug. Aufgefallen ist mir diese Werbeschlacht um Aufmerksamkeit so richtig anlässlich der letzten Wahlen. Wo noch ein bisschen Freiraum war fanden sich Wahlplakate, die mit einfältigem, trivialem Text oder billigen zum Teil primitiven Karikaturen brachial für eine Partei warben. In der Mehrzahl der Fälle grinste mir jedoch ein respektabel retouchiertes Portrait der Selbst-darsteller zu. Man muss offenbar schon Werber sein, um zu verstehen warum man auf Grund einer Plattitüde, Albernheit oder Geistlosigkeit Herrn X oder Frau Y respektive diese oder jene Partei wählen sollte. Lächeln lockt auch keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor. Die Schlagworte auf diesen Plakaten sind ja längst abgedroschen, belanglos, fade und nichtssagend. Binsenwahrheiten, Gemeinplätze und Phrasen. Nichts Neues unter der Sonne wie man so sagt. Schliesslich sind alle Strassenränder, Mauern und Plakatwände so vollgestopft mit Wahlplakaten, dass man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht. Wegen der pausenlosen Redundanz und der Überfütterung mit medialen Eindrücken ist unser Gehirn irgendwann schlicht übersättigt und zur weiteren Datenverarbeitung nicht mehr fähig. Diese Übersättigung führt auch dazu, dass viele schliesslich unbeeindruckt bleiben. Es herrscht eine damit einhergehende Gleichgültigkeit. Der ganz grosse Markt jedoch, der mit allen erdenklichen Mitteln Aufmerksamkeit erheischen möchte, heisst Information. Die erste rigorose Massnahme im Zeitungsmarkt um die Aufmerksamkeit der Leser vermehrt auf das eigene Erzeugnis zu lenken war die Wahl eines neuen Formates nämlich diejenige des Tabloids. Dieses Format wurde deshalb lange Zeit vor allem mit Boulevardjournalismus und Regen-bogenpresse assoziiert. Die Printmedien dieses Formates sonderten sich von den übrigen Zeitungen auch dadurch ab, dass sie zunächst übergrosse um nicht zu sagen riesige Titel druckten und schliesslich erschienen diese Titel auch noch in Farbe damit sie als „eye catcher“ möglichst einen Grossteil der Leserschaft an sich fesseln konnten. Da Information heutzutage vorwiegend digital konsumiert wird, geht der grosse Kampf um die Aufmerksamkeit nun im Internet los.
Ein weiterer Zweig der das Gefecht um die Aufmerksamkeit so richtig zelebriert, ist das Weihnachtsgeschäft. Die Weihnachtsbeleuchtung vermittelte in früheren Zeiten andächtige Stille, Ruhe, Besinnlichkeit, Es handelte sich zu Hauptsache um ein warmes Licht, das etwas Geruhsames und Beschauliches ausstrahlte. Die heutige Lichtshow an Weihnachten kommt einer Jahrmarkstimmung gleich. Grelles Licht, LED sei Dank. Überall funkelt es, Lichterketten laufen und blinken, ein geradezu schreiende Atmosphäre. Nicht nur, dass die Lichter nun vornehmlich hell sind, sie sind zudem auch äusserst bunt geworden: violett, orange, pink oder pastellgrün und fast durchwegs blinkend wie Polizei- oder Feuerwehrfahrzeuge oder die Farbe kontinuierlich wechselnd wie Verkehrsampeln. In den Auslagen ist alles oder zumindest das Meiste in Gold gehalten, glänzt oder glitzert. Ein furioses Spektakel, das irgendwie an Feuerwerk erinnert. „Gold ist nicht nur als Anlagewert stark im Trend, sondern auch das perfekte Material für die Weihnachtsdekoration.“ las ich kürzlich als Titel eines Blogs mit „Anleitungen zum Erstellen von einfachen aber glamourösen Dekorationen mit festlichem Touch“. „Decken Sie den Tisch mit viel Gold“ hiess die Überschrift mit der imperativen Aufforderung. Der abschliessende Vorschlag lautete: „Weil Gold eine schöne und einfache Weihnachtsfarbe ist, schmücken Sie Ihren Baum mit goldenem Schmuck, packen Ihre Geschenke mit Goldpapier ein und unterstreichen alles mit dem einen oder anderen goldenen Akzent in der Einrichtung wie mit Kissen oder Vasen.“ Wen es da nicht blendet. Ein bisschen zu viel Gold wie mir scheint. Auch die Verkäuferinnen der Bijouterie- sowie der Kosmetikabteilung der Warenhäuser in ihren Kleidern aus wie metallisiert wirkenden Stoffen sehen aus wie Dekorationen, die an einen Weihnachtsbaum gehängt gehörten. Auch hier glänzt und glitzert alles. Noch leuchten sie jedoch nicht.
Kürzlich wurde im Internet von einem Filmstreamingdienst ein Inserat geschalten bei welchem die Frage im Zentrum stand: „Wieviel Weihnachtszauber hälst Du aus?“ Wahrscheinlich wollte der Werber den Konsumenten suggerieren, dass er eine solch gigantische Menge ebensolchen Zaubers aus dem Hut zaubern kann, dass niemand aber auch gar niemand je davon gesättigt werden könnte. Meinerseits kann ich die Frage dahin gehend beantworten, dass das überbordende Ausmass der Weihnachtsdekorationen mich nicht nur nicht anzieht oder fasziniert, sondern in mir geradezu eine Abneigung und eine Flucht aus dieser kitschigen Phantasiewelt provoziert.
„Euphemismen werden auch oft dazu benutzt Aufmerksamkeit zu erheischen.“ las ich kürzlich in einem Artikel. Ich meine es ist genau umgekehrt. Es sind nämlich die Dysphemismen, die dazu benutzt werden. Wenn einer zum Beispiel von einem Schrotthaufen redet und damit seines Bruders Auto meint oder wenn jemand seinen Nachbarn einen Idioten nennt, so ist im die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer sicherer, weckt er grösseres Interesse als wenn er einfach von einem Auto erzählt oder erwähnt hätte sein Nachbar sei ungeübt im Denken.
Provokationen sind ebenfalls sehr populär geworden im Kampf um die Aufmerksamkeit. Die Arenen, in denen dieses Stilmittel besonders oft zum Zug kommt, sind die Kunst, die Literatur, das Theater und die Mode. Immer noch steht es unentschieden. Es wir interessant sein zu verfolgen, wer am Schluss den Kampf um die Aufmerksamkeit gewinnt.
Man kann aber auch ganz einfach eine Kolumne schreiben um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Haben Sie es auch gerade bemerkt?