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Kolumnen

Die Kraft der Symbole

Sattsam bekannt sind die Symbole für Glück wie Marienkäfer, Hufeisen, Kaminfeger sowie der vierblättrige Klee. Aber erinnern Sie sich noch daran, wie die Tatsache, dass Paul McCartney auf dem Cover des Beatles-Albums „Sgt. Peppers Lonely Hearts Band“ barfuss abgebildet ist, damals als Hinweis - ja geradezu als Beweis - angeführt wurde, dass er gestorben sei. Ein krasses Beispiel für die Kraft der Symbole.
Unter einem Symbol versteht man ein bildhaftes, anschauliches, wirkungsvolles Zeichen für einen Begriff oder Vorgang, oft ohne erkennbaren Zusammenhang mit diesem. Symbole, wie sie in Religion, Mythos oder Kunst vorkommen, lassen sich in ihrer Bedeutung oft nicht rein rational übersetzen oder interpretieren. Sie enthalten einen sogenannten Bedeutungsüberschuss.
Häufig verwendete Symbole sind etwa das Herz, stellvertretend für Liebe und Gesundheit, die Taube, welche für Frieden oder Liebe steht, der Baum, der Wachstum, Stabilität und ewiges Leben symbolisiert oder die Eule, die Weisheit und Intelligenz repräsentiert. Geläufig sind einem auch die unheilvollen Symbole Sense und Stundenglas. Sanduhren stehen für die Lebenszeit und damit auch die Sterblichkeit. Gläser - zum Beispiel kostbar verzierte Gläser, wie sie in Stillleben dargestellt werden - stehen einerseits für Luxus, andererseits versinnbildlicht die Klarheit des Glases Keuschheit.
Eine brennende Kerze wiederum ist ein Sinnbild für Materie und Geist. Viele Blumen haben symbolhaften Charakter. Allen voran die Rose, die als Blume der Venus die Liebe und die Sexualität vertritt. Lilien und Rosen sind beides marianische Symbole der Reinheit und der mütterlichen Liebe. Veilchen bedeuten Bescheidenheit, Narzissen stehen für Eitelkeit, Lavendel symbolisiert Misstrauen und Efeu Treue. Weniger bekannt sind hingegen ist die Symbolik von Greif, Uroboros oder Distel. Der Greif ist ein geflügeltes Fabeltier mit dem Kopf eines Adlers und dem Leib eines Löwen. Er symbolisiert Kraft und Wachsamkeit. Uroboros ist eine Schlange, die sich in den Schwanz beisst, ein dem Kreis verwandtes Symbol, das Ewigkeit und Unendlichkeit bedeutet. Die Distel wiederum als stacheliges Unkraut symbolisiert das Nutzlose aber auch Leid und Schmerz. Sie kann aber – weil sie als Trockenpflanze ihre Form behält - auch für ein langes Leben stehen.
Wer kennt Robert Langdon, den Spezialisten und Experten für Symbolik nicht? Professor Langdon ist ein vom Autor Dan Brown geschaffener, fiktiver Hochschullehrer an der Harvard University, wo er religiöse Ikonologie und Symbolologie unterrichtet. In Browns Thrillern entschlüsselt Langdon am Laufmeter kryptische Inschriften, löst unzählige knifflige Zahlenrätsel und findet vielenorts enigmatische Hinweise auf Mysterien. In einem seiner letzten Werke, mit dem Titel „Auf den Schultern von Riesen“, entmystifiziert Umberto Eco - einer der bekanntesten Semiotiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – jedoch etliche von Dan Brown in seinen Büchern erwähnte Symbolik sowie okkulten Zahlenfolgen. Ja er entlarvt sozusagen den Starautor geradezu, indem er einige der von Brown angeführten Enigma widerlegt. Er konstruiert sogar selber einige magische Zahlenfolgen, um darzulegen, wie einfach man mit Numerologie die Leser an der Nase herumführen kann. So schreibt Eco unter anderem in dem erwähnten Buch, dass das Verschwörungssyndrom in Browns „Da Vinci Code“ Legionen leichtgläubiger Leser geradezu gezwungen habe, Orte in Frankreich und England aufzusuchen, wo sich die beschriebenen Dinge offenkundig nicht befanden. Zu guter Letzt sah sich auch die Kirchenleitung von Saint-Sulpice gemüssigt, am Gotteshaus eine Inschrift anbringen, die besagt, dass die „Méridienne“, eine im Fussboden der Kirche eingelassene Messinglinie, Teil eines wissenschaftlichen Instrumentes sei und es sich nicht wie in einem Bestsellerroman behauptet, um die Überreste eines heidnischen Tempels handle. Von diesem astronomischen Instrument lasse sich nämlich keinerlei mystischer Begriff ableiten. Auch sei diese Méridienne nie „Rosenlinie“ genannt worden.
Die Wichtigkeit der Symbolik zeigt sich insbesondere auch in der Politik. So hielt zum Beispiel Kamala Harris, die erste weibliche Vizepräsidentin der USA, ihre erste Rede nach dem Wahlsieg im Weiss der Suffragetten gekleidet. Der damals neugewählte französische Staatspräsident Macron ging anlässlich seiner Inauguration zu Fuss die Champs Elysées hinauf (symbolhaft für seine Partei „En marche“) und fuhr dann im Armeefahrzeug diese Prachtsstrasse wieder hinab, was seine Position auch als Feldherr herausstreichen sollte. In seiner Neujahrsansprache 2020 beteuerte Macron mit symbolischem, demonstrativem Stehen seinen Willen, die angekündigte Rentenreform durchzuziehen. Symbolhaft auch Putin, der als erster über die neue Krimbrücke fuhr. Ein Riesenglück für mich, dass die Medien den Schleier über all diesen symbolhaften Attitüden gelüftet haben, sonst hätte ich sie nämlich gar nicht erkannt. Reichlich frustriert und auch etwas beschämt, habe ich mir sofort «Das grosse Lexikon der Symbole» zugelegt. Leider ist die Ignoranz hinsichtlich der in der Politik verwendeten Symbole geblieben.
Allen geläufig sind natürlich die Sinnbilder, die sogenannten sprachunabhängigen Piktogramme, für so profanes Zeugs wie Abfallkübel, Rauchen verboten, Musik, Parking oder Twitter. Warum jedoch ein Lattenzaun einen beschrankten Bahnübergang symbolisiert, eröffnet sich mir nicht. Glücklicherweise erkennen wir aber alle das Symbol, mit Hilfe dessen wir auf jedem Bahnhof und jedem Flughafen der Welt problemlos die Toiletten finden.
Aber diese Symbole heissen jetzt ja Icons und haben jegliche Faszination sowie die Kraft eines kryptischen Symbols komplett verloren.


„Die Küche hat das Auto als Statussymbol zunehmend verdrängt“


Semiotik, manchmal auch Zeichentheorie, ist die Wissenschaft, die sich mit Zeichensystemen aller Art befasst. Sie findet unter anderem in verschiedenen Geistes-, Kultur-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Anwendung

Symbole, wie sie in Religion, Mythos oder Kunst vorkommen, lassen sich in ihrer Bedeutung oft nicht rein rational übersetzen oder interpretieren. Sie enthalten einen Bedeutungsüberschuss: während die Bedeutung beispielsweise eines Verkehrszeichens genau definiert ist, übersteigt die Bedeutung eines religiösen, geträumten oder mythologischen Symbols die rationale Ebene und hat über den kulturellen Kontext hinaus eine für den Verwender oft intime psychische Bedeutung, die ohne fundierte Methode kaum eindeutig erkennbar ist


Die bildende Kunst verwendet seit den frühesten Beispielen von Höhlenmalerei bis in die Gegenwart hinein Symbole. In sakraler Kunst folgt die Symbolik dabei den Vorgaben von Religion und Theologie. Es gibt häufig eine verbindliche Ikonographie, dargestellt in Haltung, Farbgebung, oder Attributen. In der christlichen Kunst etwa gibt es einen verbindlichen Kanon der Heiligenattribute, in der buddhistischen Kunst der Farben und Formen der Einheiten des Weltbilds (etwa im Mandala). Auch Pflanzen und Tiere finden als Symbole Verwendung.
Mit dem Klassizismus weckten ab dem späten 18. Jahrhundert vorwiegend Allegorien und Mythen der Antike erneut das Interesse der Künstler. Symbolhafte Verschlüsselungen in Anlehnung an diese Traditionen gaben in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dem Symbolismus seinen Namen. In der Moderne und dem Surrealismus tritt dagegen der individuelle und freie Umgang mit Symbolen an die Stelle traditioneller Bildprogramme in den Vordergrund.

PIKTOGRAMM

Auf allen Verkehrswegen und in öffentlichen Gebäuden findet man Symbole als sprachunabhängige Piktogramme zur Orientierung, so zum Beispiel einen durchstrichenen Anker im Hafengelände, der das Anlegen von Schiffen verbietet, oder einen symbolischen Lattenzaun, der auf einen beschrankten Bahnübergang hinweist.

Signet Icon piktogramm sinnbild Wahrzeichen

Goethes Theorie des Symbols

Für den romantischen Symbolbegriff (und den daraus resultierenden „Symbolstreit“) war Goethes Theorie des Symbols maßgeblich
Die Symbolik verwandelt die Erscheinung in Idee, die Idee in ein Bild, und so, dass die Idee im Bild immer unendlich wirksam und unerreichbar bleibt und, selbst in allen Sprachen ausgesprochen, doch unaussprechlich bliebe.